Alphamay-Bandfotos von: www.fotogra4bar.de

"Twisted Lines" ist der Name des neuen Longplayers des deutschen Darkwave-Projekts "Alphamay". Es ist bereits das dritte Album des Elektronik-Duos und besticht mit durchgängig gelungenem Songwriting und einprägsamen Synthpop-Melodien. Alphamay wurde von den langjährigen Freunden Cris Frickenschmidt und Henning Hammoor gegründet und der Bandname ist vermutlich eine Anspielung auf einen gemeinsamen Verkehrsunfall der beiden Musiker am 1. Mai 2012, bei welchem Cris so schwer verletzt wurde, dass er seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen ist.

Auf "Twisted Lines" zeigen Alphamay eindrucksvoll, dass sie sich weder hinter Genre-Größen wie Camouflage, And One und VNV Nation verstecken müssen und sich vom Stilmix gut zwischen Solitary Experiments, Solar Fake oder Chrom einreihen lassen. Druckvolle Dance-Beats, basslastige Sequenzerläufe und ein schönes Repertoire an Vintage-Synthie-Sounds verbinden sich mit eingängigen Pop-Melodien und der charismatisch-düsteren Wave-Stimme von Sänger Henning Hammoor.

Der Sound lässt sich insgesamt als düsterer Synthpop mit einem goldenen Händchen für druckvolle Songs mit Hit- und Dancefloor-Potential beschreiben, wobei die Gesangslinien und Vocaldarbietungen dabei stets abwechslungsreich bleiben. Manche nennen das auch Future-Pop, aber Alphamay machen eben nicht den Fehler den Pop-Faktor komplett totzududeln, bis er im musikalischen Nichts versandet. Natürlich darf man nicht verschweigen, dass auf "Twisted Lines" auch nicht das Rad komplett neu erfunden wurde. Ähnlich wie VNV Nation auf jedem Album mindestens einen typischen EBM-Song abliefern, um etwas von den zahllosen hymnischen Arpeggiator-Läufen der Hitsingles abzulenken, haben auch Alphamay mit "Ease your pain" oder "3:45am" Songs mit etwas härterer Gangart. Wenn man diesem Album also etwas Negatives vorwerfen kann (und das kann man eigentlich nicht), dann ist es eine gewisse Kalkuliertheit bzw. die Abgeklärtheit mit der sich alle Puzzleteile so gekonnt ineinanderfügen. Egal welches Tempo die einzelnen Songs haben, immer beschwören sie ein wohliges Dejà Vu herauf, beispielsweise ist "Silence Emotion" eine mir bislang unbekannte Camouflage-Hitsingle oder dem Refrain von "The Scepter Alliance" möchte man unweigerlich "San Diego was a mistake - The sun burns into my face" hinterherrufen. Hervorstechend auch der "cheesy"-Synth von "Nightclub Nighmares", wobei hier nur teilweise Soft Cell-Erinnerungen bedient werden, da der Gesang dann doch eher in die Richtung der Sisters of Mercy geht.

Alle Songs auf Alphamays "Twisted Lines" sind auf einem ähnlich hohen Niveau, selbst die nicht so clubtauglichen "Balladen" am Ende des Albums fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Nahezu jeder Song wäre für sich genommen vermutlich ein Highlight auf einem Album vieler anderer namhafter Bands, die man in die Nähe von Synthpop oder Futurepop rücken kann. Da verwundert es auch nicht, dass das Album im Februar 2016 bereits vor der offiziellen Veröffentlichung bis auf Platz 7 der Deutschen Alternative Charts vorrücken konnte. Die Anspieltipps und Highlights der CD sind für uns "The Rising Moon" (mit seinem cleveren Background-Vocals-Outro) und der bereits oben erwähnte Track "Silence Emotion". Für die Zukunft von Alphamay würden wir uns noch ein paar ausgefallenere Sound- und Songexperimente wünschen, die den Gesamteindruck perfektionieren und den Stücken noch etwas mehr komplett eigenständigen Charakter geben, ohne dabei das vorhandene Hitmaterial bewusst zu schmälern.

(Alphamay Review Bandfotos von: www.fotogra4bar.de)

 

Bandmitglieder: Cris Frickenschmidt (synth), Henning Hammoor (vocals)

Vergleichbare Bands: Camouflage, And One, VNV Nation, Solar Fake, Solitary Experiments, Chrom, Assemblage 23

Homepage der Band: Alphamay

Facebook-Seite: Alphamay

 

Ausgewählte Diskographie:

Twisted Lines (LP, 2016)

Dazzle Camouflage (LP, 2015)

II III - III III - IIII II (LP, 2014)

 

Song-Empfehlungen:

1. Silence Emotion

2. Nightclub Nightmares

3. Ease Your Pain

4. The Scepter Alliance

 

 

  • Crack Ov Dawn

    Eigentlich nicht ganz unser Metier, aber wenn schon mal eine Promo-CD direkt aus Frankreich in den Briefkasten flattert, dann sollte man diesen Umstand auch gebührend zelebrieren. Die Band zur CD heißt Crack Ov Dawn, wurde bereits im Jahre 2002 in Paris gegründet und hat nach "Dawn Addict" (2004) jetzt das Album "White Line" (07/2006) veröffentlicht. Interessanterweise tragen die Band-Mitglieder solch fabulöse Namen wie Sexy Sadie, Britney Beach, Mallaury Murder, Xander Xanax, Spicy Sky und Vinnie Valentine, wobei letzterer die Band schon wieder verlassen hat, möglicherweise weil sein Name dann doch etwas bieder geklungen hat.

     
  • Helium

    Im Laufe der Zeit haben Helium ihre wütenden und progressiven Gitarrenausbrüche immer weiter zurückgefahren, wodurch mehr Raum für verspieltere Arrangements und eine reichhaltigere Instrumentierung geschaffen wurde. Diese Hinwendung zu eingängigeren und abwechslungsreicheren Songs wird besonders auf dem bislang letzten Album "The Magic City" (1997) deutlich. Danach wurden Helium erst einmal auf Eis gelegt, da sich Mary Timony ihrem eigenen Album widmete (The Golden Dove, 2002, ebenfalls auf Matador).

     
  • The Kooks

    Eine neue Liebe für tanzende Indie-Pop-Mädels mit romantischer Ader und einer Affinität zum Mitsingen. Mit Sicherheit. Sommer-Musik. Einfache Texte, schöne Melodien, auch mal akustisch, vor allem: einprägsam nach den ersten paar Durchläufen. Und wenn der Lockenkopf-Sänger seine Stimme erhebt, kanns auch mal dreckig-rotzig klingen. Überhaupt: Die Stimme ist unglaublich wandelbar. Klar, da fallen einem haufenweise Vergleiche ein, vom etablierten Indie-Pop Marke Nada Surf über britischer New-Wave-Trend à la Arctic Monkeys bis zu Garage-Pop wie wir es von Mando Diao kennen.