Lycosia

Falls wir richtig informiert sind - und das sind wir für gewöhnlich, auch wenn wir uns meistens dumm stellen - veröffentlicht die französische Band Lycosia im Herbst 2006 mit ApokaLipstik bereits ihr 4. Album. Für eine treffende Rezension wäre es nun von Vorteil zumindest eines der Vorgänger-Alben zu kennen... Wählen wir also sicherheitshalber die akribisch-systematische Herangehensweise und sehen uns an, was die Band bzw. die Plattenfirma so sagt.

Auf der großartigen Habenseite verbuchen wir demnach die bandeigene Bezeichnung Glam-Goth-Deluxe , verfeinert durch die Aussage, daß es sich, genauer gesagt, um einen Crossover zwischen Glitter , Sexy-Electronic-Post-Industrial-Dark Sound und Goth & Roll handelt, welcher sogar eingefleischten Metalheads und Underground-Freaks gefallen dürfte. Wahrlich, besser hätten wir es auch nicht sagen können, allerdings müssen wir noch einiges ergänzen, denn wie sollte ein statischer Ausdruck jemals eine dynamische Entwicklung exakt beschreiben können. Bevor wir jetzt zu weit ausholen - Apokalipstik ist bestimmt kein schlechtes Album, auch wenn wir über die Erwartungshaltung des wahren Lycosia -Fans hier nur grob spekulieren können. Jedenfalls schlägt das Pendel auf unserem Redaktions-Ouija-Board eindeutig in Richtung düster aus. Auffällig ist die gute Produktion des Albums und das Gespür für schöne Pop-Songs, welches traurigerweise aber nur bei der Hälfte der Songs konsequent umgesetzt wird und scheinbar unterdrückt werden sollte. Die andere Hälfte ist daher teilweise eine recht lieblose Mischung von Punk-Elementen, Grindcore-Versatzstücken und grobem Industrial-Gepolter. Vermutlich sind dies Reminiszenzen an vergangene Zeiten und/oder Zugeständnisse an die alten Anhänger der Band. Die anderen - weitaus besseren - 6 Songs auf dem Album sind nämlich interessant arrangiert und klingen insgesamt konsistenter. Hier werden dann die harten Gitarren etwas zu Gunsten von sehr schön programmierten elektronischen Sounds und ebensolchen Drum-Pattern zurückgedrängt. In diesen Momenten nähern sich Lycosia der Klangwelt von Depeche Mode bzw. erinnern an The Cure und an erfolgreiche Bands aus dem Dark Wave -Bereich. Leider wird auf den besten Tracks die Gesangsspur etwas zu sehr durch einen Flanger bzw. Phaser geschickt, so daß die hervorragenden Songs dadurch ein wenig an Eingängigkeit verlieren. Alles in allem ist Apokalipstik von Lycosia dennoch ein guter und abwechslungsreicher Frankreich-Import, der ab 2. November auch in den deutschen Plattenläden einige Käufer finden sollte.

[Marc Hendricks - PoprockUnion - 06/2008]


Bandmitglieder:  Christie Scythe (vocals, guitar), Ilhan (bass), Vince (keyboards), Don Ragno (drums)

Musikstil:  Gothic-Rock, Dark Wave, Industrial-Metal

Vergleichbare Bands:  Oomph!, Paradise Lost, The 69 Eyes, Mesh, Marilyn Manson, NIN, Apoptygma Berzerk, The Cure


Ausgewählte Diskographie:

Lycosia (LP, 2005) 
ApokaLipstik (LP, 2006)


Song-Empfehlungen:

1. Follow Me
2. Light Years
3. All These Worlds
4. Last Splash
5. Don't Say A Word (Make Up Mix)







  • Carter U.S.M.

    Die musikalischen Wurzeln von Carter USM (für Carter The Unstoppable Sex Machine) lagen eindeutig im Punkrock, aber der Einsatz von energiegeladenen Keyboard-Sounds und einem dauerhaft ratternden Drum-Computer, verhalf zu einem eigenartigen Stilmix. Dieser Hi-Speed-Gitarrenpop paßte zwar nicht unbedingt zum hypnotischen Manchester-Rave-Sound von 1991, aber beliebt und tanzbar war er allemal.
    So konnte 1992 - The Love Album den ersten Platz der Charts in Großbritannien erreichen und mit der Single "The Impossible Dream" versuchten Carter USM sogar den im Vereinten Königreich traditionell sehr beliebten Weihnachtshit zu landen. Insgesamt eine sehr sympathische Band der 90er mit viel Humor und brillianten Ideen.

     
  • The Ordinary Boys

    Nachdem The Ordinary Boys auf ihrem Debut-Album "Over the Counter Culture" noch sehr Jam-lastig daher kamen (Maybe Someday , Talk Talk Talk , Week in, Week out), schlagen sie auf "Brassbound" ein wenig mehr die White-Ska -Richtung ein. Kurz gesagt, bei einigen Songs haben offensichtlich Madness und Specials Pate gestanden, was keine schlechte Verwandtschaft ist. Diese Entwicklung vollzog sich auch nicht ganz unvermittelt, da die Ordinary Boys bereits für ihr erstes Album die Cover-Version von "Little Bitch" ( The Specials ) aufnahmen.

     
  • Shout Out Louds

    Vier Jungs und ein Mädel aus Schweden, das sind die Shout Out Louds. So laut wie ihr Name sind sie zwar nicht, aber für Indie-Club-Tanzflächen reicht es allemal. "Howl Howl Gaff Gaff" heißt das erste Album, 2005 erschienen, erfolgreich in den USA, Japan und Europa. Und wie machen sie das? Garagen-Rock à la Mando Diao und The Strokes spielt eine Rolle. Darüber haben sie aber eine ordentlichen Indie-Wolke gesprüht.