Die Band Seaport wurde 2004 in Berlin gegründet, hat mit "Rock'n'Roll Shanties" (08/2006) gerade ihr Debüt-Minialbum veröffentlicht und macht, wenn man den Infos der Plattenfirma glauben darf, doch tatsächlich Britpop. Natürlich ist dies schon verwunderlich, denn eine Band die sich heute freiwillig in die Kategorie Britpop einordnen läßt, schert sich wahrscheinlich wenig um den vorherrschenden Zeitgeist, oder sie hat erkannt, daß es einfach keine gute Postpunk-Band mehr gibt, die man noch unbedingt kopieren müßte. Vielleicht haben Seaport aber auch nur den kommenden Trend im Auge und vermuten, daß ein Britpop-Revival nach 10 Jahren durchaus angebracht wäre.

Hört man sich die 6 Songs der von Robin Pleil (Artridge) produzierten EP an, so wird dann aber recht schnell deutlich, daß hier doch der klassische Rock den Ton angibt bzw. der "Britpop" der 60er und 70er Jahre Pate gestanden hat - Liebhaber von großen Hymnen mit bombastischen Arrangements müssen sich also eher in Enthaltsamkeit üben. Trotzdem gibt es hier eingängigen Rock und wer es nicht ganz so laut und dreckig mag, der dürfte bei Seaport richtig liegen. Die Umsetzung der Songs ist für einen Erstling durchaus gelungen, auch wenn der bodenständige Sound und die traditionellen Arrangements insgesamt nur wenig Abwechslung bieten. Insgesamt schaffen es Seaport auf ihrem Debüt aber einen Gitarrenrock zu machen, der sich zwar auf eine begrenzte Palette von Stimmungen verlässt, dafür aber ohne weiteres in jedes Radioformat passt. Alles in allem ist dies ein solides, gelungenes Debüt, welches vielleicht den Weg bereitet sich eine größere Fangemeinde aufzubauen, um dann irgendwann auf voller Albumlänge auch ein wenig mehr Überraschendes aufzufahren, damit auch die nötige Innovationskraft für das ewig hippe und trendige Indie-Publikum nicht zu kurz kommt.

[PoprockUnion - 06/2006]

 

Bandmitglieder:  Sebastian Pieper (vocals, guitar), Marek Godlewski (guitar, vocals), Arnd Pustlauck (bass, vocals), Markus Daniel (drums), Alexander Glöckner (keyboards)

Musikstil:  Britpop, Rock

Vergleichbare Bands:  The La's, The Seahorses, Cast, Teenage Fanclub, Haven , Stereophonics, Vega4, Travis


Ausgewählte Diskographie:

Rock'N'Roll Shanties (EP, 2006)


Song-Empfehlungen:

1. Place in the Sun
2. Call me
3. The City


  • I Am Kloot

    I Am Kloot kommen aus England und sind eher was für ruhige und dunkle Stunden. Dies beweisen sie auch auf ihrem dritten Album "Gods and Monsters", bei dem die Instrumentierung zwar etwas üppiger und abwechslungsreicher ausgefallen ist als bei den Vorgängern, dennoch findet man weiterhin keine potentiellen Sommerhits oder gar einen Indie-Club-Knaller. Konsequent! Zeitloser melancholischer Gitarrenpop, den man aber tunlichst im Herbst/Winter veröffentlichen sollte.

     
  • Goodbye Mr. Mackenzie

    In den späten 80er Jahren kannte man Goodbye Mr. Mackenzie weil sie kurzfristig als die große schottische Gitarrenpop-Hoffnung gefeiert wurden und mit "The Rattler", "Face to Face" zwei achtbare Indie-Hits hatten. Mitte der 90er Jahre kannte man Goodbye Mr. Mackenzie nur noch weil deren Sängerin Shirley Manson jetzt mit der Band Garbage großen Erfolg hatte.

     
  • Crack Ov Dawn

    Eigentlich nicht ganz unser Metier, aber wenn schon mal eine Promo-CD direkt aus Frankreich in den Briefkasten flattert, dann sollte man diesen Umstand auch gebührend zelebrieren. Die Band zur CD heißt Crack Ov Dawn, wurde bereits im Jahre 2002 in Paris gegründet und hat nach "Dawn Addict" (2004) jetzt das Album "White Line" (07/2006) veröffentlicht. Interessanterweise tragen die Band-Mitglieder solch fabulöse Namen wie Sexy Sadie, Britney Beach, Mallaury Murder, Xander Xanax, Spicy Sky und Vinnie Valentine, wobei letzterer die Band schon wieder verlassen hat, möglicherweise weil sein Name dann doch etwas bieder geklungen hat.