Nachdem am Anfang dieses Jahres die kleine Indie-Plattenfirma Boobytrap Records für immer ihre Pforten geschlossen hat und in den letzten Wochen die offizielle Webseite vom einstigen Label-Zugpferd The Boyfriends auch nicht mehr erreichbar war, mehren sich nun die Gerüchte, daß The Boyfriends sich wohl aufgelöst haben. Dementsprechend, höchste Zeit für uns eine Rezension bzw. einen möglichen Nachruf zu dieser Band zu verfassen.

The Boyfriends sind/waren eine englische Indie-Band aus London, die schon mit ihren ersten Veröffentlichungen große Aufmerksamkeit erregte und in Insiderkreisen mit The Smiths verglichen wurde. Nun ja, Smiths -Vergleiche, beileibe kein seltenes Thema in der britischen Musikpresse, aber als ich dann die Gesangsstimme von Frontmann Martin Wallace erstmals beim englischen Radio 1 hörte und irrtümlich für Morrissey hielt, war ich ebenfalls sofort begeistert. Natürlich gibt es auch genug Kritiker und Indie-Fans die The Boyfriends für reaktionär und völlig überflüssig halten und irgendwie muß man diese Meinung auch akzeptieren. Die Plattencover im Stile der Smiths und eine Europa-Tour als Vorband von Morrissey zielen nicht unbedingt in Richtung musikalischer Individualität und zeugen auch nicht von großer Originalität. Trotzdem kann ich nichts schlechtes über das Debüt von The Boyfriends sagen, denn das Album klingt frisch und kommt insgesamt angenehm unprätentiös daher. Auf hymnische Britpop-Bombast-Instrumentierungen wird komplett verzichtet und man beschränkt sich bewußt auf das Wesentliche. So entsteht aus der Verbindung von eindringlichem Gesang, den düster sägenden und bisweilen kreischenden Gitarren ein eingängiger und melancholischer Indie-Rock im Stile der 80er bzw. C86er. Ob sich die Band nun wirklich aufgelöst hat läßt sich mit letzter Sicherheit im Moment noch nicht beantworten, da es auch auf der MySpace-Seite schon länger keine Neuigkeiten mehr gab. Relativ sicher ist aber, daß zumindest Bassist David Barnett die Band verlassen hat, da er im März 2007 auf der Webseite der Indie-Band Luxembourg als neues Bandmitglied vorgestellt wurde.

[PoprockUnion 04/2007]


Bandmitglieder:  Martin Wallace (vocals), Richard Adderley (guitar), David Barnett (bass), Patrick 'Paddy' Pulzer (drums)

Musikstil:  Indie-Rock, C86, Britpop

Vergleichbare Bands:  Morrissey, The Smiths, Gene, The Wedding Present, Idlewild, Strangelove


Ausgewählte Diskographie:

The Boyfriends (LP, 2006)


Song-Empfehlungen:

1. I Love You
2. Adult Acne
3. Once Upon A Time
4. Speak Less And Listen
5. The White Devil







  • Carpark North

    Eine dänische Band, die den Sprung ins Ausland schafft. Vielleicht auch nicht. Carpark North möchten es gern allen recht machen: Pop, Elektro und Rock wird da wild durcheinander gemischt. Und genau das ist ihr Problem. Auf ihrem Auslanddebüt, passenderweise "All Things To All People" betitelt, klingt manches so unglaublich gut. Und zwar die Lieder, die nicht zwanghaft alle Richtungen verbinden. In gut der Hälfte allerdings werden atmosphärische Strophen durch unpassende bis disharmonische Refrains zerstört, die klingen, als wäre den Jungs nach der Strophe nichts mehr eingefallen.

     
  • Scissors For Lefty

    Scissors For Lefty machten sich bereits 2005 mit ihrem selbstproduzierten Album " Bruno " einen Namen. Deshalb sicherte sich Rough Trade 2006 die Dienste der kalifornischen Brüderpaare Garza / Krimmel für ein weiteres Album mit erfrischend-flockigem Poprock. Diese tanzbaren Indieperlen mit starkem Pop-Appeal sollten bereits im Februar 2007 veröffentlicht werden, sind aber erst jetzt in England bzw. USA erschienen. Wer also das Album " Underhanded Romance " käuflich erwerben will, der muß sich vertrauensvoll an einen gut-sortierten Import-Plattenladen wenden.

     
  • Kula Shaker

    Wenn man sich für britische Musik und aktuelle musikalische Strömungen interessiert, dann fällt man zwangsläufig im Laufe der Jahrzehnte auch mal auf die entsprechend gehypten Aushängeschilder irgendeiner neuen Welle herein. Falls nicht, dann kauft man seine Musik wahrscheinlich streng nach der Covergestaltung. Egal, in beiden Fällen wäre man mit Sicherheit nicht ohne Kula Shaker aus dem Plattenladen zurückgekommen.