Interview mit der Gothic/Dark Wave-Band Strip Music (2007)

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Hier findet ihr in loser Reihenfolge interessante Interviews mit Bands und Künstlern aus der Independent-Szene. Als Ergänzung zu unseren subjektiven Musik-Rezensionen und Band-Reviews kommen hier die Musiker selbst zu Wort. Sie sprechen dabei über ihr neues Album, ihre Tour, die Plattenfirma, ihre Lieblingssongs und alles was die Indie-Musik für uns und Euch interessant macht. Alles darf gesagt werden, aber wir stellen die Fragen.

Interview mit der Gothic-/ Dark Wave-Band Strip Music

Interview mit Strip Music (Press-Photo)Anläßlich des Erscheinens ihres hymnischen Wave-Pop-Albums „Hollywood & Wolfman“ in Deutschland (auf Drakkar Records), haben wir ein E-Mail Interview mit Henric de la Cour geführt. Darin spricht der Sänger und ein Gründungsmitglied von Strip Music über seine musikalische Vision, die Hintergünde und die zukünftigen Pläne der Band.

PrU: Hallo, Henric, wie geht’s Dir?

Henric: Einfach wundervoll…

PrU: In unserer kürzlich veröffentlichten Rezension zum Album „Hollywood & Wolfman“ haben wir die Platte als eine Mischung aus Gothic Rock und Dark Wave beschrieben. Während des Durchhörens mußten wir immer an The Cure (i.e. Disintegration) und an Clan Of Xymox (i.e. Medusa) denken. Kannst Du damit leben, oder wie würdest Du Strip Music bzw. das aktuelle Album „Hollywood & Wolfman“ beschreiben?

Henric: „Hollywood & Wolfman“ ist groß, dunkel und bedrohlich. Gleichzeitig besitzt das gesamte Album aber auch unglaublich kraftvolle und mitreißende Refrains. Und „Plainsong“ von The Cure, vom Album „Disintegration„, ist irgendwie so ein Lied mit dem wir uns identifizieren können und zu dem wir immer wieder zurückfinden. Wir glauben halt an eine gewisse Einfachheit und natürlich an „String Machines“ (Anm.: Streicherkeyboards).

PrU: Bitte erzähle uns doch ein wenig mehr über Deinen musikalischen Background und Deine Einflüsse bzw. die der anderen Bandmitglieder?

Henric: Vor der Gründung von Strip Music war ich schon acht Jahre lang in der Band Yvonne und wir haben insgesamt vier Alben veröffentlicht. Mit Yvonne haben wir hauptsächlich Konzerte in Schweden gespielt, aber ein paar Mal waren wir damals auch in Deutschland. Als wir dann die Band Yvonne auf Eis legten, habe ich mit Christian (der gerade erst neu zu Yvonne gestoßen war) Strip Music gegründet. Damals mit sehr strikten Regeln: 2 Mitglieder, 2 Instrumente, 2 Akkorde, 2 Minuten. Aber wie das so ist, der Sound entwickelte sich und plötzlich waren wir eine 6-Mann starke Rockband anstelle des eigentlich geplanten Duos. Wir machten die „String Machines“ bzw. Synthesizer zu unserem Hauptinstrument und Markenzeichen und schauten nicht mehr zurück.
Die Leute vergleichen Strip Music oftmals mit Bands wie OMD, Joy Division und The Cure, was natürlich allesamt keine fröhlichen Bands sind, aber wer ist schon fröhlich?

PrU: Hast Du die Erfahrung gemacht, daß man Euch oftmals in irgendeine musikalische Schublade stecken will? Und was ist für Dich daran frustierend, wenn es denn so ist und ihr einer Szene zugeordnet werdet?

Henric: Ich glaube, die Menschen wollen ein gewisse Kontrolle haben und deshalb wollen sie gerne wissen, was bzw. welches Genre sie denn da gerade hören. Und die Musik muß halt in den Rahmen passen, mit dem sie sich generell verbunden fühlen. Ich persönlich finde so etwas traurig. Und das größte Problem das die Leute mit Strip Music haben ist, daß sie nicht wissen wie sie unsere Musik einordnen sollen! Ist es „Synthie“, ist es „Rock“, vielleicht sogar „Stadium Rock“, oder „Gothic“? Wen zum Teufel interessiert dieser Mist? Wenn es einem nicht gefällt, dann hört man sich halt was anderes an, etwas mit dem man etwas anfangen kann! Aber die Menschen sind dumm…

PrU: Gibt es denn trotzdem irgendeine Musikszene in Schweden mit der Ihr auf die eine oder andere Art verbunden seid? Eine Gothic-Szene vielleicht?

Henric: Ich glaube die meisten Gemeinsamkeiten haben wir mit Broder Daniel und Silverbullit, zwei großartige Bands die man ganz allgemein der schwedischen Indie-Szene zurechnen kann. Darin enthalten sind aber alle möglichen Stile von Twee bis zu Garage. Eine richtige Gothic-Szene gibt es in Schweden wohl nicht, aber wir als Strip Music haben schon immer die Ästhetik von Gothic gemocht.

PrU: Inwieweit hört Ihr auf die sogenannten professionellen Musikkritiker? Haben diese irgendeinen Einfluß auf Eure Musik bzw. die Veröffentlichungen? (Hat die Band einen Einfluß auf Single- und Video-Veröfftentlichungen und warum habt ihr „Sugar and Lime“ als Single/Video ausgewählt?)

Henric: Nein, Kritiker haben generell keine Einfluß auf unsere Veröffentlichungen bzw. auf das Album im allgemeinen. Trotzdem war es dieses Mal schwierig für uns eine Single auszuwählen, aber wir haben uns letztendlich für „Sugar and Lime“ entschieden. Der Song sticht einfach heraus und deshalb wurde er auch in Schweden als Single und Video veröffentlicht. Bei den deutschen Radiosendern werden wir es aber ersteinmal mit „Headlights“ versuchen.

PrU: Gibt es auf dem Album eigentlich Lieder die Du für besser bzw. schlechter gelungen hältst?

Henric: Mein absoluter Lieblingssong ist wie gesagt „Sugar and Lime„, gerade weil er so eine wunderschöne Traurigkeit besitzt. Für eine ganze Weile war auch das Lied „The Cat and the City“ ein persönlicher Favorit von mir, aber irgendetwas von der ursprünglichen Qualität ist während der Aufnahmen verloren gegangen, wie ich finde.

PrU: Während meiner Recherchen für dieses Interview ist mir aufgefallen, daß Ihr auf Eurer Webseite nochmal ausdrücklich die Liebe zu Streicherkeyboards bzw. zu den alten „String Machines“ betont. Habt Ihr auf „Hollywood & Wolfman“ eigentlich eines dieser alten Teile benutzt, vielleicht sogar das legendäre „Solina String Ensemble„? (Wenn ja, wie habt Ihr diese alten, nicht MIDI-fähigen Instrumente synchronisiert bzw. eingebunden?)

Henric: Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung welche wir benutzt haben; Jens ist der Technik-Guru in der Band. Bei Live-Auftritten benutzen wir aber zwei E-MAX II, soviel weiß ich. Für weitere Infos solltest Du aber Jens anrufen…

PrU: Egal, trotzdem wird eine bessere Studio-Ausstattung sich auch auf Eure Arbeit irgendwie ausgewirkt haben? Ich meine, in den letzten Jahren gab es so viele technische Neuerungen und neue Möglichkeiten, was war für Euch die größte musikalische Innovation?

Henric: Meine Vorstellungen und der „Wall of Sound“.

PrU: Insiderfrage: Cubase oder Logic?

Henric: Beide.

PrU: Wie schreibst Du Deine Songs, wie gestaltet sich der Prozess? Gibt es irgendetwas, was Du in Zunkunft anders machen willst? Worüber diskutieren die Band-Mitglieder während der Aufnahmen?

Henric: Oftmals hat Christian eine grobe Idee, die er mit der „String Machine“ einspielt und kurz aufnimmt. Diese Aufnahme schickt er zu mir und ich schreibe die Melodie und den Text dazu. Dann nehmen wir es erneut auf, dieses Mal aber mit weiteren Instrumenten und mit der Gesangsspur. Manchmal schreibe ich auch etwas ganz alleine, was ich der Band dann bei der nächsten Probe vorspiele. Und worüber wir diskutieren? Eigentlich streiten wir uns immer und immer wieder über die Abmischung der Songs. Es ist manchmal wirklich lächlich…

PrU: Es gibt nicht wirklich viele Informationen zur Band und den Mitgliedern, auf der Homepage findet man praktisch nichts. Habt ihr Stillschweigen darüber vereinbart, oder was? (Beispielsweise: Wer fehlt auf den Bandfotos? Warum? Irgendeine interessante Geschichte zu diesem Thema?)

Henric: Na ja, auf den Pressefotos fehlt Gitarrist Patsy Bay und Fredrik Balck, unser Schlagzeuger. Beide hatten sich entschieden die Band nach den Aufnahmen zu „Hollywood & Wolfman“ zu verlassen. Patsy muß sich um die Familie kümmern und Fredrik will seine Karriere als Autor vorantreiben. Als wir die Fotos und das Video aufgenommen haben, mußten wir dies halt ohne die beiden machen und wie das zukünftige Band Line-Up aussehen wird weiß ich im Moment auch nicht.

PrU: Wie gestaltet sich eigentlich Dein Leben im Showbusiness? Was machst Du so den ganzen Tag? Haben die Bandmitglieder noch andere bzw. richtige Jobs?

Henric: Darüber darf ich nicht spechen… 😉

PrU: Ich habe Eure Pressefotos gesehen und es ist ja klar, daß solche Dinge wichtig für die Selbstdarstellung einer Band sind. Wie denkst Du darüber, oder anders formuliert, wie fügt sich Eure optische Darstellung in das musikalische Bild? (Hat Peter Murphy (i.e. Bauhaus) irgendeine Bedeutung für Dich?)

Henric: Sagen wir es so, egal wie viel Make-Up wir benutzen, oder welche Kleidung wir auf der Bühne tragen, man sieht es einfach nicht. Wir haben so viele Scheinwerfer und Lichteffekte die uns dermaßen von hinten beleuchten, daß wir immer wie Schatten aussehen. (Wahrscheinlich der älteste Trick aus der Gothic-Bibel, aber er funktioniert immernoch!) Aber sicherheitshalber benutze ich das Make-Up trotzdem und was Peter angeht, der war schon ein gut aussehender Kerl damals…

PrU: Dies ist Euer zweiter Longplayer, richtig? Bist Du bis heute mit der Unterstützung der Plattenfirmen zufrieden?

Henric: Ich erwarte von allen Leuten mit denen ich zusammenarbeite immer Bestleistungen!

PrU: Angenommen Strip Music käme nicht aus Schweden, denkst Du Ihr wärt dann insgesamt erfolgreicher?

Henric: Vermutlich…

PrU: Was denkst Du ist der beste Weg eine Band zu promoten? Und glaubst Du ein kleines Independent Magazin (wie z.B. die Webseite von PoprockUnion) kann mithelfen die Plattenverkäufe anzukurbeln?

Henric: Ich glaube, das Beste was man tun kann, besteht darin, alles zu machen, jede Show, jedes Interview, egal wie wichtig oder unwichtig es erscheinen mag. Irgendwo da draußen sind nämlich Menschen die nur darauf warten sich in unsere Musik zu verlieben, man muß diese Menschen lediglich finden.

PrU: Deine drei Lieblingsplatten im Moment. (Alte oder neue Sachen, Single oder Album, such es Dir aus!)

Henric: Im Moment stehe ich auf alles alles von M83, die „Gold und Liebe„-LP von DAF und das Lied „Can’t be sure“ von The Sundays.

PrU: Nenne uns doch auch die letzte Platte oder CD, die Deiner Meinung nach absolut grausam war?

Henric: Das Foo Fighters-Album „One by one“ war insgesamt wirklich schrecklich, mal abgesehen von der tollen „Times like these“-Single.

PrU: Gut, dann komme ich jetzt zu meiner abschließenden Knaller-Frage, Henric. Was würdest Du Dir für die Zukunft von Strip Music wünschen? Welttournee? Ein Leben als Superstars? Und in welche Richtung soll sich Eure Musik weiterentwickeln?

Henric: Komme, was wolle, mir ist es egal (obwohl ich mit einem Leben als Superstar rechne…)

PrU: Henric, vielen Dank für dieses Interview. Ich wünsche Dir alles Gute und viel Glück für die „Hollywood & Wolfman„-Veröffentlichung hier in Deutschland.

Henric: Vielen Dank und vielleicht sehen wir uns ja mal. Danke für’s Zuhören.

[Sinngemäße Übersetzung des E-Mail Interviews mit PoprockUnion 01/2007]

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